L-Bank
Projektrückblick auf Augenhöhe
Ein Gesundheitsmanagersetzt Zeichen
Rund 1.500 Mitarbeitende, zwei Standorte und eine Geschichte, die bis in die Weimarer Republik zurückreicht: Die Landeskreditbank Baden-Württemberg, kurz L-Bank, ist eine Institution in Süddeutschland. Als ihr Referent für betriebliches Gesundheitsmanagement macht sich Andreas von Salis-Soglio für ein weniger tradiertes Thema stark: Er möchte mentaler Gesundheit bei der L-Bank zu mehr Sichtbarkeit verhelfen und seine Relevanz als Kulturthema unterstreichen. Raus aus der Nische des Gesundheitsmanagements, rein in die Breite organisationaler Strukturen, also. Wir haben Andreas über einen Zeitraum von sieben Monaten bei der Strategiefindung begleitet, gemeinsam Maßnahmen entwickelt und implementiert und Ideen gesparrt. Unsere Zusammenarbeit ist zwar noch nicht zu Ende, aber wir finden, es ist Zeit für ein Zwischenfazit. Und weil das Klischée der allwissenden Berater*innen endgültig eingemottet gehört, setzen wir dabei auf Dialog statt Einbahnstraße. Wir möchten schließlich auch dazulernen! Ein Gespräch zwischen Clara, Psychologin und Beraterin bei SHITSHOW und Andreas, Gesundheitsmanager bei der L-Bank:
Clara fragt Andreas
Andreas, warum ist es dir persönlich wichtig, Mental Health bei der L-Bank voranzutreiben?
Weil das Thema uns alle betrifft. Das klingt vielleicht wie eine schon 100-mal gehörte Floskel, ist für mich aber spürbare Realität. Denn auch ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich in bestimmten Situationen in die gleichen Gedankenspiralen rutsche oder in sehr arbeitsintensiven Phasen zu wenig auf mich achte – und als Gesundheitsmanager sollte ich es ja eigentlich besser wissen (lacht). Das spannende am Thema psychische Gesundheit ist für mich seine Vielschichtigkeit und dass es unser (Arbeits-)Leben in so enorm vielen Facetten betrifft. Deshalb finde ich es auch so wichtig, es nicht nur auf der Verhaltensebene anzugehen, sondern langfristig auch auf organisationaler Ebene zu verankern.
Gab es im Prozess Widerstände oder Herausforderungen, auf die du gestoßen bist? Und wie bist du damit umgegangen?
Durch die vielen Gespräche und das Feedback zu unserer Gesundheitskampagne ist mir erst bewusst geworden, wie groß die Angst vor Stigmatisierung ist – und damit auch die Hemmung, offen über das Thema zu sprechen, geschweige denn Angebote wahrzunehmen. Das hat mich ehrlich gesagt aber noch mehr darin bestärkt, mentale Gesundheit bei der L-Bank in den Fokus zu rücken. Die größte Herausforderung ist jetzt, die vielen tollen Impulse, die wir im Rahmen der Kampagne auf die Beine gestellt haben, auch nachhaltig zu verankern.
Was würdest du anderen Gesundheitsmanager*innen raten, die mentale Gesundheit in ihrer Organisation voranbringen möchten?
Ich würde ihnen wahrscheinlich raten, so vorzugehen, wie wir es auch getan haben.
Das heißt zuallererst ein gemeinsames Verständnis auf Organisationsebene für die Bedeutung von mentaler Gesundheit zu schaffen, z.B. durch einen organisationsübergreifenden Kick-Off.
Ich habe außerdem gemerkt, wie wichtig es ist, „Verbündete“ im Unternehmen zu finden, also Menschen, die ebenso hinter der Sache stehen wie man selbst und die als Vorbilder für andere agieren können. Das ist meiner Meinung nach ein wichtiger zweiter Schritt.
Und dann bietet es sich an, Weiterbildungsangebote für Mitarbeitende und explizit für Führungskräfte zu schaffen, etwa zu Themen wie ‘Umgang mit belastenden Situationen’ oder ‘Wie leiste ich Unterstützung in meiner Rolle als Führungskraft?’.
Meine Erfahrung hat außerdem gezeigt, dass man auch bei mentaler Gesundheit über kurz oder lang nicht darum herumkommt, Daten zu sammeln. Dazu eignen sich die psychische Gefährdungsbeurteilung oder eine Puls- bzw. Mitarbeitendenbefragung, um gezielt Bedarfe zu identifizieren und dann auch auf Team- und Führungsebene einzusteigen.
Was würdest du sagen, hätten wir in der Rückschau anders machen sollen?
Im Nachhinein ist man ja meistens schlauer, aber nach unserem super Kick-Off hat es ein bisschen zu lang gedauert, bis wir nachgelegt haben, weshalb wir manche auf dem Weg verloren haben. Das würde ich zum jetzigen Zeitpunkt anders machen.
Außerdem haben wir sehr viel Gedankengut und Zeit in Mitmachaktionen investiert, die dann aber die Zielgruppe nicht wie erwartet angesprochen haben, weil wir schon einen Schritt voraus waren. Das ist zwar schade um die kreativen Ideen, aber fühlt sich nicht nach Misserfolg an. Wir haben genau durch diese ‘Fehler’ ja auch dazugelernt und verstehen jetzt besser, wie wir unsere Mitarbeitenden bestenfalls ansprechen.
Und zuletzt: Wie hast du unsere Zusammenarbeit empfunden?
Ich bin unheimlich dankbar für eure Unterstützung und euer Sparring.
Ich fand den Austausch mit euch so bereichernd und bin begeistert, wie schnell und kreativ ihr auf spontane Ideen reagiert habt. Man merkt einfach zu jedem Zeitpunkt, dass euer ganzes Team selbst zu 100% das lebt und verkörpert, was ihr vermittelt.
Diese Leidenschaft ist einfach mitreißend und authentisch und für mich der größte Erfolgsfaktor in unserem Vorhaben.
Mental Health bei der L-Bank: Das haben wir gemacht
Strategische Ausrichtung
Gemeinsam legten wir den Grundstein für die Mental Health-Kampagne „Wie geht’s dir… wirklich?“ und halfen bei der Ausgestaltung der Gesundheitstage.
Kommunikation
Wir unterstützten bei der internen Kommunikation unseres Prozesses mit Text und Design von Postkarten, Flyern, Plakaten und interaktiven Spielen.
Kick-Off
Unser Kick-Off Talk mit Fokus auf Mental Health Awareness & Literacy holte alle Mitarbeitenden ins Boot – und motivierte für den weiteren gemeinsamen Prozess.
Maßnahmen
Wir führten Formate durch und stellten interaktive Sensibilisierungsangebote bereit: Peer Support Talk, MOODSUITS®, Workbooks, Podcast Tour.
Andreas fragt Clara
Der erste Teil unserer Zusammenarbeit ist abgeschlossen. Mit Blick in die Zukunft: Was würdest du sagen, können wir tun, um mentale Gesundheit nachhaltig bei der L-Bank zu verankern?
Wir haben auf unserer gemeinsamen Reise ja häufig feststellen können, wie wichtig es ist, bei der eigenen Haltung anzusetzen. Mental Health nachhaltig zu verankern bedeutet, einen organisationalen Change Prozess anzustoßen, der auf unterschiedlichen Ebenen des Unternehmens stattfindet.
Es ist hilfreich, diesen Prozess als einen Marathon und keinen Sprint zu begreifen, und ihm entsprechend mit Geduld zu begegnen, ihn immer wieder zu reevaluieren und anzupassen. Psychische Gesundheit ist eben kein Quartalsprojekt – auch, wenn wir uns das manchmal wünschen würden (lacht).
Letztlich gilt auch: Je ‘höher aufgehängt’ das Thema ist, desto besser. Um mentale Gesundheit nachhaltig zu fördern, sollte sie auch in den Unternehmenswerten und Führungsleitbildern verankert werden. Das wäre für euch ein denkbarer nächster, wirkungsvoller Schritt.
Wie lässt sich psychologische Sicherheit als Teil der Teamkultur verankern?
Psychologische Sicherheit zu erfahren bedeutet ja, dass wir uns trauen, zwischenmenschliche Risiken einzugehen, also bspw. Kritik und Bedenken zu äußern, Fehler zu machen, Ideen einzubringen und uns verletzlich zu zeigen.
Um so eine Kultur auf Teamebene zu verankern, bietet es sich an, regelmäßige Momente der Reflexion zu etablieren. Das können zum Beispiel Feedbackroutinen, Spannungsmeetings oder Retrospektiven sein. Wichtig ist, dass das Team immer wieder Gelegenheit bekommt, sich ehrlich und – wichtig! – wertschätzend zu begegnen. Um das zu erreichen, kann für den Anfang auch eine externe Moderation enorm hilfreich sein.
Da ein Team immer nur so psychologisch sicher agiert wie seine Führungskraft, sind auch Teamleads gefragt. Sie sollten dem Thema psychologische Sicherheit Relevanz beimessen und z.B. verstehen, dass sie unverzichtbar ist, um Innovationen voranzutreiben. Nicht nur die Teams, auch ihre Führungskräfte dürfen in die Reflexion gehen und sich fragen, wie sie mit eigenen Fehlern, Schwächen und Belastungssituationen umgehen.
Was habt ihr in unserer Zusammenarbeit gelernt? Was hat euch überrascht?
Eine wichtige Erkenntnis war auf jeden Fall, dass jede Maßnahme, die wir gemeinsam umgesetzt haben, auch für uns eine weitere Lernquelle war, um euch besser zu verstehen. Ob während der gemeinsamen Konzeption der Maßnahmen oder im Rahmen der Gesprächen mit den Teilnehmer*innen: Wir haben euch immer besser kennengelernt und stehen jetzt an einem ganz anderen Punkt als davor. Für uns ist das wieder mal eine Bestätigung dafür, dass einmalige Mental Health Initiativen in ihrer Wirkung und Passgenauigkeit immer hinter langfristiger Zusammenarbeit anstehen werden.
Das schönste Learning war aber, wie viel Spaß es macht, mit Kund*innen an einem Strang zu ziehen. Und eben nicht nur als externe Dienstleister*innen gesehen zu werden, sondern als Partner*innen auf Augenhöhe.
Was können wir – oder was kann ich – eurer Meinung nach in Zukunft besser machen? Wo gibt es noch Lernpotenzial?
So wichtig das Engagement Einzelner ist, die sich trauen, den Anfang zu machen, wünschen wir uns, dass noch mehr Manager*innen und Führungskräfte ihr Potenzial erkennen und im Sinne des Kulturwandels konstruktiv nutzen. Sobald wir erkennen, dass mentale Gesundheit kein Silo-Thema ist, für das die Verantwortung allein beim betrieblichen Gesundheitsmanagement liegt, kann ein solcher Kulturprozess enormen Schwung aufnehmen.
Und noch einen persönlichen Eindruck: Wir schätzen deine Bodenständigkeit enorm und finden es einfach fantastisch, wie sehr du dich für das Thema stark machst. Umso schöner fänden wir es, wenn du dich trauen würdest, noch mehr Raum einzunehmen und dir die Erfolge auch persönlich zuzuschreiben. Das ist in unseren Augen kein überhebliches “Angeben“, sondern authentisch und wichtig, damit du die Anerkennung bekommst, die du verdienst. Dein Engagement ist eine riesige Ressource für dein Unternehmen.
„Ich bin unheimlich dankbar für eure Unterstützung und euer Sparring. Ich fand den Austausch mit euch so bereichernd und bin begeistert, wie schnell und kreativ ihr auf spontane Ideen reagiert habt. Man merkt einfach zu jedem Zeitpunkt, dass euer ganzes Team selbst zu 100% das lebt und verkörpert, was ihr vermittelt. Diese Leidenschaft ist einfach mitreißend und authentisch und für mich der größte Erfolgsfaktor in unserem Vorhaben.“